Aachen2050: Gemeinsam zu einer dauerhaft lebenswerten Region

Es tut sich was! Viele Gespräche habe ich in den letzten Wochen und Monaten geführt mit Menschen aus den unterschiedlichsten Organisationen: Zivilgesellschaft, Unternehmen, Hochschulen, Kirche, Gewerkschaft, Politik und Verwaltung. Und alle haben sie mir bestätigt, dass wir uns dringend damit beschäftigen sollten, wie wir zu einem mehrheitsfähigen geteilten Bild einer lebenswerten Zukunft hier in der Region kommen können. Und dann auch die Plattform schaffen sollten für die notwendige Unterstützung auf dem Weg dorthin.

Aber, um es mit den Worten eines meiner Gesprächspartner aus der Politik zu sagen: “Das ist ein ganz schön dickes Brett. Es wäre aber echt toll, wenn das funktioniert!”

In den letzten Wochen ist eine Projektskizze entstanden, die diesen Prozess und die Plattform konkretisiert. Und der Vorstand der Bürgerstiftung Lebensraum Aachen hat entschieden, dass diese Projektskizze gut zu ihrem Stiftungszweck passt und trägt die Idee mit.

Wie nicht anders zu erwarten bin ich bei meinen Gesprächen auch auf andere, vergleichbare Aktivitäten gestoßen. In erster Linie sind das das Projekt Social Incubator aus der RWTHAachen und die aus der LAG21-Regionalveranstaltung “Gemeinsam für Nachhaltigkeit” am 28.02.2018 in Aachen entstandene Initiative Forum Zukunft von aachen_fenster – raum für bauen und kultur e.V. und KreaScientia gGmbH.

Ich halte es für sehr wünschenswert, wenn wir diese Aktivitäten zu einer gemeinsamen zusammenführen können!

Was ist das Problem?

Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen. Der durchschnittliche weltweite Ressourcenverbrauch liegt beim 1,7-fachen dessen, was die Erde regenerieren kann. In Europa brauchen wir 2,8 Erden, die Nordamerikaner brauchen fünf.

Weder als Einzelpersonen noch als Unternehmen sind wir uns wirklich darüber bewusst, welchen Einfluss unser Handeln auf das Wohlergehen unseres Planetens hat.

Wir leben nach ökonomischen Grundannahmen, die in Zeiten mit völlig anderen Randbedingungen entwickelt wurden, was ich schon an anderer Stelle beschrieben habe. Auf die daraus resultierenden Vielzahl an Krisen bin ich ebenfalls schon eingegangen.

Natürlich gibt es eine Vielzahl von Aktivitäten, mit denen diese Situation verbessert werden soll: auf staatlicher Ebene (von der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes und der Länder (z. B. NRW) bis zum Bruttonationalglück), auf der Unternehmens- oder kommunalen Ebene (von UN Global Compact über Gemeinwohlökonomie bis Cradle-to-Cradle und Gross Corporate Happiness) und auch in der Zivilgesellschaft.

Insbesondere auf der regionalen Ebene – und auch hier in der Aachener Region – passiert jede Menge. Das jetzt aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Ich habe die Zahl von rund 120 Initiativen und Organisationen gehört.

Nach dem Verständnis von Ken Wilber sind “die Hauptprobleme [der Erde] nicht Industrialisierung, Ozonabbau, Überbevölkerung oder Ressourcenabbau. [Das] Hauptproblem ist das mangelnde gegenseitige Verständnis und die gegenseitige Vereinbarung, wie mit diesen Problemen umzugehen ist.” (eigene Übersetzung nach Esbjörn-Hargens/Zimmerman)

Wie schafft man gegenseitiges Verständnis und Vereinbarungen, wie mit diesen Problemen umzugehen ist?

Lösungsansatz

Wir brauchen ein großes Bild der Zukunft, das aber wahrscheinlich nur durch viele kleine Schritte erreicht werden kann (vgl. den Ansatz des “radikalen, inkrementellen Wandel” von Maja Göpel). Diese Schritte sollten aber in einer gewissen Weise koordiniert oder wenigstens in Bezug auf ihren Beitrag zu den übergeordneten Zielen Ressourcenverbrauch und Zufriedenheit gemessen und transparent gemacht werden. Dabei müssen wir gleichzeitig das Problem überwinden, dass das heute vorherrschende Denken und Handeln (und insbesondere Optimieren) in Teilsystemen bei komplexen Systemen einfach nicht zur besten Lösung des Gesamtsystems führen kann.

Mit entscheidend dürfte dabei sein, dass die einzelnen Akteure und Organisationen ihr EGO (im Sinne von ein Akteur initiiert und führt den Prozess) zurückstellen und Raum geben für ein WIR (die Gemeinschaft ist wichtig).

Wir brauchen eine regionale orientierte Plattform,

  • die möglichst viele der handelnden Akteure zusammenbringt – Einzelpersonen (z. B. als Konsumenten oder Mitarbeiter), Unternehmen und Organisationen sowie Kommunen,
  • in der Koordination der Plattform die Interessen aller handelnden Akteure angemessen vertritt und keinen der Beteiligten in den Vordergrund stellt,
  • um über die Zeit ein mehrheitsfähige Bild einer gemeinsamen Zukunft zu entwickeln,

so dass damit gemeinsam

  • an einer möglichst hohen Zufriedenheit aller Menschen in der Region,
  • der Verbesserung des Fußabdrucks und
  • dem positiven Beitrag der Region auf den Rest der Welt

gearbeitet werden kann und dabei die handelnden Akteure unterstützt werden in Bezug auf

  • die für ihre Arbeit notwendigen Ressourcen (Finanzen, Wissen, Infrastruktur) und
  • Transparenz über die erreichten Ergebnisse.

Der Fokus sollte dabei aber nicht darauf liegen, worauf der Einzelne (in Abgrenzung zu anderen als Individuum, einzelne Organisation, Region oder Land, also EGO) in Zukunft wahrscheinlich alles verzichten muss. Der Fokus sollte vielmehr darauf liegen, was uns als WIR eigentlich wichtig ist. Und das sind nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnis wahrscheinlich nicht die Maximierung des individuellen Nutzens oder des Bruttosozialproduktes, sondern (zunächst unreflektiert in Anlehnung an den Ansatz des Bruttonationalglücks, Gross National Happiness) adäquater Lebensstandard, unbeeinträchtigte Gesundheit, ganzheitliche Erziehung, gute Regierungsführung, Schutz der Umwelt, Bewahrung der nationalen Kultur, lebhaftes Gemeindeleben, ausgewogene Zeitnutzung und psychisches Wohlbefinden.

Daran arbeiten wir gerade.

Erste Entwürfe für die Liste der notwendigen Aufgaben sowie die Netzwerkplattform sind erstellt.

Nächste Aktivitäten

Jetzt gilt es, die relevanten Akteuere und die bestehenden Aktivitäten in der Region zur Mit- und Zusammenarbeit und Unterstützung zu bewegen mit dem Ziel, gemeinsam den Prozess und die Netzwerkplattform zum Leben zu erwecken.

Außerdem sollte der Entwurf für die Netzwerkplattform weiter ausgearbeitet werden, damit klar wird, wie wir vorgehen wollen.

Es sind viele Ehrenamtliche in diese Aktivitäten involviert. Es sollte aber deutlich geworden sein, dass ein solches Projekt nicht aus dem Ehrenamt heraus gestemmt werden kann. Daher müssen der Finanzbedarf ermittelt und mögliche Finanzierungsquellen erschlossen werden.

Wer sich angesprochen fühlt, ist herzlich zur Mitarbeit eingeladen. Ich freue mich über einen Kontakt.

Adieda!